Bauen und Flächenversiegelung in Kusterdingen in Zeiten des Wandels

In der Gemeinderatssitzung am 27. April 2022 standen zwei gewichtige Themen auf der Tagesordnung. Die Erschließung eines neuen Wohnbaugebietes und die Erschließung eines neuen Gewerbegebietes.

Ausgelöst durch einen Antrag der Härtenliste hat der Gemeinderat eine intensive Diskussion geführt, die über Fraktionsgrenzen hinweg engagiert, leidenschaftlich und mit Offenheit für neue Wege geführt wurde: für mich ein Highlight in dieser Wahlperiode des Gemeinderats!

In der Vergangenheit hat die Gemeinde immer neue Baugebiete beschlossen, wenn die Gemeinde keine Grundstücke mehr zu verkaufen hatte. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Planung im Gemeindefinanzhaushalt für gewöhnlich zwischen 1,5 Mio EUR und 2,0 Mio EUR aus Erlösen von Grundstücksverkäufen enthält. Die Gemeinde kann durchaus die regelmäßigen Aufwände (Personal, Abschreibungen, Erhaltungsaufwände, …) aus dem regulären Haushalt bestreiten und hat einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt. Für größere Investitionen fehlt aber Geld, hier kamen in der Vergangenheit immer Grundstücksverkäufe ins Spiel.

In Deutschland werden jeden Tag zusätzlich rund 54 Hektar der Landwirtschaft und Natur entzogen und bebaut[1],[2]. Es ist offensichtlich, dass es so nicht weiter gehen kann:

  • wir dürfen mittelfristig den laufenden Gemeindehaushalt nicht mehr aus endlichen Ressourcen finanzieren.
  • Jedes weitere überbaute Land verschärft unsere dringenden Herausforderungen bei Klima, Artenschutz und Wasserwirtschaft.
  • Wir brauchen das Land für Nahrungserzeugung und Energie. Die kürzlichen Ereignisse zeigen deutlich, dass wir in diesen Bereichen souverän und selbstbestimmt sein müssen.

Unsere aktuellen Konzepte für Bauen und Baulanderschließung sind in einer Zeit entstanden, bevor uns die Dringlichkeit des Klimaschutzes, des Schutzes von Ackerboden und von heimischen Ressourcen (Nahrung, Energie, Rohstoffe, Naturschutz) so bewusst wurden, wie es heute der Fall ist.

Der Gemeinderat hat daher, auf Initiative der Härtenliste, beschlossen, das Thema Bauen zukünftig bewusster anzugehen. Für die Erschließung des Wohnbaugebietes „südlich der Waldsiedlung“ wurde beschlossen, einen größeren Anteil der Grundstücke in Erbpacht zu vergeben. Das sorgt für nachhaltige Einnahmen und damit für mehr Handlungsfreiheit der Gemeinde. Die Erschließung des Gewerbegebietes soll ökologisch bewertet werden.

Über die kurzfristigen Beschlüsse hinaus, soll zusätzlich noch in diesem Jahr eine Klausurtagung von Verwaltung, Gemeinderat und Experten geben, in der Leitlinien für zukunftsfähiges und nachhaltiges Bauen entwickelt werden sollen.

Das Gesamtkonzept für zukunftsfähiges und nachhaltiges Bauen muss aus Sicht der Härtenliste Folgendes enthalten

  • die finanzielle Nachhaltigkeit. Der Gemeindehaushalt muss perspektivisch ohne den Verkauf endlicher Bodenressourcen auskommen. Erst dadurch entsteht die nötige Handlungsfreiheit für ökologisches Handeln.
  • die ökologische Nachhaltigkeit. Das schließt auch den Erhalt von lokalen Ackerböden für die Ernährung ein.
  • eine soziale Nachhaltigkeit. Welche Ziele verfolgen wir als Gemeinde? Wie wollen und können wir in Zukunft unter den absehbaren zukünftigen Randbedingungen nötigen Wohnraum schaffen und wohnen.

Um eine möglichst fundierte Basis und Akzeptanz zu erreichen, sollen in der Erarbeitung der Konzepte unter anderem folgende Elemente enthalten sein.

  • Fachexpertise des Ortsbauamtes,
  • Einbindung von Experten (z.B. Stadtplaner mit frischem Blick, Ökologen z.B. Nabu, Agentur für Klimaschutz, .…)
  • Klausursitzungen des Gemeinderates,
  • Bürgerbeteiligung

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 27.4. einen wichtigen Stein ins Rollen gebracht. Aus den anderen Fraktionen war ebenfalls zu vernehmen „so weit sind wir gar nicht auseinander“ als es um die Notwendigkeit ging, dass die Bebauungspläne endlich den ökologischen Erfordernissen gerecht werden müssen und die Härtenliste dies durch die Formulierung „ein weiter so wir bisher, darf es nicht geben“ auf den Punkt brachte. Darauf aufbauend müssen jetzt die Weichenstellungen für zukünftiges Bauen in Kusterdingen erarbeitet werden.


[1],https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es

[2]https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%A4chenverbrauch

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