Rede zum Haushalt 2024 der Härtenliste

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Soltau

liebe Gemeinderätinnen und -räte und Mitarbeitende der Verwaltung

liebe Bürgerinnen und Bürger.

Zu allererst geht unser Dank an die Mitarbeitenden der Verwaltung und damit besonders an unsere Kämmerin Frau Hahn und ihr Team. Die Aufstellung des Haushalts ist jedes Jahr eine Herausforderung insbesondere, wenn die finanzielle Lage angespannt ist.   

Es ist absehbar, dass demnächst 5 Jahren gemeinsame Gemeinderatsarbeit zu Ende gehen. Nicht vorstellbar ist, was die von multiplen Krisen geschüttelte Welt noch an Herausforderungen für unsere Gemeinde und den nächsten Gemeinderat bereithält.

Der uns hier vorliegende Haushaltsplan wird der letzte sein, den dieser Gemeinderat verabschiedet und dieser Haushalt schließt mit einem Minus von 1,7 Mil. € ab.

Doch die Minussituation im Haushalt 2024 kann uns nicht überraschen. Es hat sich in den vergangenen 5 Jahren einfach Zuviel innerhalb und außerhalb unserer Gemeinde ereignet, was die Zahlen jetzt aktuell rot aufleuchten lassen.

Die Erfüllung unserer Pflichtaufgaben – Bau und Instandhaltung von Kindergärten, die Erweiterung der Härtenschule und der Neubau eines Feuerwehrhauses waren gesetzt und schienen verkraftbar. Nicht unbedingt vorhersehbar waren dabei die enormen Materialkostensteigerungen, verursacht durch Kriege und weltweite Krisen. Hart getroffen wurde unsere Gemeinde zusätzlich durch unerwartete Schäden in Millionenhöhe beim Alten Rathaus, beim Klosterhof und zuvor schon am Dach der Härten Sporthalle, der Astrid Lindgren Schule und am Wasserturm. Die Verbesserung der Lüftungssituation in unseren öffentlichen Gebäuden geht ebenfalls in die Millionen. Viel Geld brauchen wir aktuell, um bei jeder Baumaßnahme die neuen Richtlinien im Brandschutz zu erfüllen. Unausweichlich sind auch die hohen Kosten im Bereich Abwasserkanäle und Straßen. Der Fachkräftemangel und Inflation lassen die Personalkosten in allen Bereichen kräftig steigen.

Und was der Fußballphilosoph Jürgen Wegmann einst so treffend formulierte:  „Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“

Bedeutet für den kommunalen Haushalt Kusterdingen, dass die gegenwärtige Wirtschaftskrise zu erheblichen Mindereinnahmen führt.  

Trotz alledem wollen wir hier auch auf die Positivseite der vergangenen Jahre Gemeinderatsarbeit zurückschauen…

Kusterdingen hat in den vergangen Jahren und vor allem im letzten Jahr an vielen Stellen die Weichen für eine ökologisch nachhaltige und lebenswerte Zukunft gestellt (Windkraft, Fotovoltaik, Fahrradstraße). Diesen Weg sollten wir mutig weitergehen. Das Sanierungsmanagment bzw. Quartierskonzept Kusterdingen Nord, 2023 begonnen, wird bis 2026 fortgeführt. In ihm sind Maßnahmen enthalten, wie die Prüfung eines Nahwärmekonzepts mit Bürgerbeteiligung für das Quartier und Maßnahmen, die sich konkret auf Klimafolgenanpassung beziehen. Diese Maßnahmen müssen u.E. auch Eingang finden in unsere zukünftigen Bebauungspläne.

Den Nachhaltigkeitscheck -N!Check – haben wir 2023 beschlossen und auch einmal! angewendet, bei dem Antrag zur Verbesserung der Radwegeverbindung zwischen Kusterdingen und Wankheim. Wir finden es wichtig ihn in Zukunft von den Fraktionen und der Verwaltung konsequent anzuwenden, damit wir die Auswirkungen unsere Entscheidungen und Wechselwirkungen direkt vor Augen haben und berücksichtigen. Der N!Check ist kein Mittel um längere Diskussionen zu vermeiden, im Gegenteil, er fordert eine tiefe Auseinandersetzung heraus. Dieses Instrument wird in die Hände des nächsten Gemeinderates gelegt, der diese Qualität nutzen und ihn mehr einfordern kann.

Mobilität: Sichere und barrierefreie Verbindungswege zu Kindergärten, Schulen und Freizeitein­richtungen sind für alle Fraktionen und die Verwaltung ein wichtiges Thema. Die Härtenliste hat mit der tatkräftigen und fachkundigen Unterstützung der „Agendagruppe Klimaschutz Härten“ –Mobilität – im Jahr 2023 Vorschläge und Planungen eingebracht, die uns – so der Plan – ein kleines Stück weiter voranbringen sollten. Fahrradstraße, der Name allein sorgte für Gänsehaut, auch mal für Schnappatmung. Es war ein großes Ringen um die kleinen Spielräume des Gemeinderates und um ein paar Verbesserungen für die Radfahrenden. Das Umdenken im Bereich Mobilität – die Welt nicht nur vom Autofahrer her zu denken – wird weiterhin ein großes Aufgabenfeld in der Kommunalpolitik bleiben. Denn – Leider hat hier die Kommunalpolitik wenig zu sagen, statt einer Genehmigung einer Fahrradstraße kommt am 25.03.2024 vom Landratsamt der Hinweis, „Radfahrende sollen sich aufgrund der vielen Störfaktoren eher umsichtig verhalten müssen.“ Dennoch – der nächste Gemeinderat ist aufgerufen dranzubleiben, schließlich spricht sich das Land Baden Württemberg entschieden für eine Förderung kommunaler Verkehrsinfrastruktur aus, „das bestehende lückenhafte Radverkehrsnetz attraktiver und sicherer zu gestalten und flächendeckend auszubauen“

„Liebgewonnene“ Projekte,  die bald von uns gehen  

Das neue Feuerwehrhaus geht in seine End-Bauphase und wird damit – keine unendliche – sondern eine endliche Geschichte sein. Wir sind neugierig, was die Schlussrechnung ausweist. Interessiert uns hier nicht nur der Preis, sondern auch der Ressourcenverbrauch, die CO2 Bilanz, der Fußabdruck vom Beton. Der Neubau des Kinderhauses macht Fortschritte hin zu seiner Eröffnung Ende 2024. Auch hier gilt obiges. Der Name wurde schon gefunden: Kinderhaus Kunterbunt. Beides sind Zukunftsinvestitionen, sie werden noch zwei Generationen dienen.  

Die neue Ortsmitte Kusterdingen ist ein Projekt, das uns bereits auch Jahre begleitet und das wir nicht aus den Augen verloren haben. In der letzten Gemeinderatssitzung konnte der Bürgermeister strahlend verkünden, dass in der Förderung über das Landessanierungsprogramm die “ Neue Ortsmitte Kusterdingen“ eingeplant ist und die weitere Bearbeitung von Frau Hirzler für diesen Haushalt 2024 vorgesehen ist.

 Jugendarbeit in Kusterdingen an zwei Beispielen  

Bei der Jugendarbeit zu sparen ist unseres Erachtens der falsche Ansatz, will ja auch keiner. Im Gegenteil, eine gute Jugendarbeit mit der Beteiligung von Jugendlichen, ist im besten Sinne Demokratieförderung. Jugendliche in Mähringen konnten durch die engagierte Anschubbegleitung von Katrin Stephan mit Unterstützung des Ortschaftsrates Mähringen endlich zeigen, dass sie schon engagiert mitarbeiten, wenn sie mitgestalten können.

Die Jugendfarm in Kusterdingen lädt seit 20 Jahren Kinder und Jugendliche zu vielfältigen Aktivitäten ein und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Und Jugendfarm steh für;  Sich in der Natur bewegen, spielen, Brücken oder Hütten bauen, Dinge erforschen, einfache Naturphänomene erleben und sich von der Welt der Lebewesen faszinieren lassen und  die Welt lieben zu lernen, sich um Tiere zu sorgen und Freundschaften zu schließen. Denn, was ich liebe, wofür ich sorge, das zerstöre ich nicht. Wir sind sehr froh, dass die Arbeit der Jugendfarm weiterhin von der Gemeinde unterstützt wird und dass wir in Kusterdingen sehr viele Vereine haben, in denen wunderbare Jugendarbeit geleistet wird. Die Stellenbesetzung für die Jugendarbeit der Gesamtgemeinde war leider noch nicht erfolgreich.

Bürgerbeteiligung

kein Luxus, sondern ein Garant für eine  lebenswerte Zukunft

Wir von der Härtenliste setzen uns dafür ein, dass Beteiligungsformen als Angebote für Einwohner*innen selbstverständlicher werden. Teilhabe am politischen Geschehen stärkt positiv unsere Demokratie und bietet die Chance, dass diese positiven Demokratieerfahrungen an die Kinder und Enkel weitergegeben werden.

Als eine Möglichkeit sei hier nur auf das Gemeindepflegehaus hingewiesen. Was geschieht damit, wenn das Pflegeheim in der Langen Gasse bezugsfertig ist und die Pflege in das neue Haus umzieht? Wie können wir die Kreativität und Verantwortung unserer Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig in einen Prozess der gemeinsamen Entwicklung von Ideen für die Nutzung einbeziehen? Oder – Die Erweiterung der Härten Schule, wie können Kindern und Eltern beteiligt werden?

Die Zukunft wird nicht nur aufgrund der veränderten Klimabedingungen ungewisser. Vieles was wir bisher als selbstverständlich angesehen haben, werden wir so nicht mehr organisieren können. Und ich sage bewusst nicht, „uns nicht leisten können“. Bei den vielen Herausforderungen, die uns bevorstehen – Klimakrise, Demographieentwicklung, Fachkräftemangel, Energie, Artensterben, Ressourcenverschwendung (nicht nur) im Bausektor,  geht es in erster Linie nicht um fehlende Finanzmittel oder ums Sparen, Kürzen und Gürtel enger schnallen. Forschungen weisen uns darauf hin, dass wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Demokratie und die Orientierung am Gemeinwohl deutlicher als bisher stärken müssen, um als Gemeinschaft und Gemeinde resilient, lebenswert und zukunftsfähig zu sein. Und wir müssen Formen etablieren in denen wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Darum werden wir uns dafür einsetzen, dass die Ausgaben, die den Zusammenhalt, die Qualität und das Zusammenleben auf den Härten dienen, mindestens konstant gehalten bzw. erhöht werden.

Die Versammlung am Montag den 11.3.24 in Wankheim „Mensch sein auf den Härten“ hat für einen kleinen Ort wie Kusterdingen eine unglaubliche Resonanz gehabt: 500 Bürger waren dort. Alle Wortbeiträge und die Musik haben den Geist von Verbundenheit, Vielfalt und Mitgestaltung betont und aufgerufen für einander und für unsere Demokratie einzustehen, sie zu leben, an allen Orten, wo wir sind. Lassen Sie uns das trotz schwierigem Haushalt bestmöglich fördern. Es ist das, was unsere Gemeinde ausmacht.  

Der einzige Antrag zum Haushalt 2024 den die Härtenliste stellt, möchte den Zusammenhalt, die Vernetzung der Bürgerinnen und Bürger der Härten Gemeinden stärken, indem wir Mittel für die Installierung und den Betrieb einen Dorf App in den Haushalt einstellen.

Lassen Sie mich zusammenfassen:

Der Haushalt 2024 muss ein Haushalt der Zukunftsinvestitionen sein. Dabei geht es nicht nur um die materiellen Investitionen. Für diese müssen wir, angesichts knapper Mittel, in gemeinsamer Verantwortung danach Ausschau halten, was verschoben werden könnte.

Aber nicht vernachlässigen dürfen wir das, was uns als Gemeinde wirkliche Stärke in einer ungewissen Zukunft verleiht:
Die Ausgaben, die das Zusammenleben und die Qualität des Lebens auf den Härten dienen. Die Jugendarbeit, die Kommunikation der Bürger, das ehrenamtliche Engagement und auch die Wohnqualität (Ortsmitte Kusterdingen). All das sind im Vergleich kleine Ausgaben. Wir müssen die Proportionen im Auge behalten. Deshalb steht die Härtenliste auch uneingeschränkt zu den vorgeschlagenen Maßnahmen für diese Bereiche.

Lassen Sie mich zum Schluss noch viele Dankeschön aussprechen: ich danke allen Gemeinderätinnen und -räten für Ihr unermüdliches Engagement und die konstruktive Zusammenarbeit im Gemeinderat. Ich danke der Kämmerin, den Mitarbeitenden in der Verwaltung für die geleistete Arbeit und für die Zusammenarbeit. Und mein Dank geht genauso an den Bürgermeister. 

Schließlich aber danke ich auch den Bürgerinnen und Bürger für die vielfachen wohlmeinenden Beiträge in den Bürgerfragestunden der Gemeinderatssitzungen und außerhalb. Hier scheint durch, was unsere Gemeinde schon ausmacht und was es zu erhalten und zu fördern gilt: ein Gemeinsinn, der uns die Hoffnung gibt, hier in Kusterdingen die Krisen mit einer gewissen Zuversicht überstehen zu können. 

 Vielen Dank für  Ihre Aufmerksamkeit.

Gudrun Witte-Borst

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