
Haushaltsrede der Härtenliste
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Soltau, liebe Gemeinderätinnen und -räte, liebe Mitarbeitende der Verwaltung, liebe Bürgerinnen und Bürger,
Nichts ist für immer auf dieser Welt, nicht einmal unsere Probleme.“ sagte Charlie Chaplin
Dieser Satz mahnt uns, dass auch Krisenzeiten vorübergehen. Doch ob und wie wir sie bewältigen, liegt in unserer Hand. Es ist unsere Aufgabe, die gegenwärtigen Herausforderungen aktiv anzugehen – mit Mut, Entschlossenheit und dem festen Willen, unsere Gemeinde zukunftsfähig zu gestalten.
Bevor wir in die Analyse einsteigen, gilt unser besonderer Dank den Mitarbeitenden der Verwaltung. Die Aufstellung eines Haushaltsplans ist jedes Jahr eine große Herausforderung. Gerade in Zeiten wachsender wirtschaftlicher Unsicherheiten sind eine sorgfältige Planung und umsichtiges Handeln wichtiger denn je. Unser Dank gilt Frau Hahn und ihrem Team, die mit großem Engagement die Grundlagen für die kommenden Entscheidungen geschaffen haben
Ein Haushalt in unsicheren Zeiten
Können wir es uns erlauben, in unseren Haushaltsberatungen und unseren Betrachtungen zur Finanzsituation der Gemeinde Kusterdingen die Klimakatastrophe, den kriegerischen Überfall Putins auf die Ukraine oder die politischen Verwerfungen der letzten Zeit, die uns seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump im Tagestakt herausfordert, auszublenden?
Wir sagen: NEIN.
Diese globalen Krisen verdeutlichen, in welch ungewisser Zeit wir leben. Sie beeinflussen auch das Leben in unserer Gemeinde. Viele Menschen empfinden die aktuellen Entwicklungen als überwältigend, und alltägliche Probleme können zunehmend zu einer existenziellen Bedrohung werden. Orientierung und Sicherheit finden die Menschen vor allem in ihren Familien, in ihrer lokalen Umgebung, in ihrer Nachbarschaft, in Vereinen und Interessengruppen. Die Stärkung dieser Strukturen ist für uns die beste Vorsorge gegen Entfremdung und politischem Extremismus.
Ausgaben und Neuverschuldung mit Verantwortung
Nach wichtigen Großinvestitionen in den vergangenen Jahren befinden wir uns nun wieder in einer Phase, in der die Ausgaben durch Steuermittel gedeckt werden müssen. Investitionen und Kreditaufnahme für Erneuerung und Werterhalt sind wichtig. Der vorgelegte Haushalt sieht aber auch eine Neuverschuldung zur Finanzierung laufender Kosten vor. Das gefährdet, angesichts der globalen und wirtschaftlichen Unsicherheiten, wichtige Zukunftsinvestitionen! Insbesondere die Kernzeitbetreuung und die Schulerweiterung der Härtenschule sind hier zu nennen. Eine solide Haushaltsplanung bedeutet Verantwortung für kommende Generationen. Daher müssen wir gemeinsam nach Lösungen suchen, um die finanzielle Stabilität unserer Gemeinde zu sichern und den Handlungsspielraum für künftige Verwaltungen und Gemeinderäte zu erhalten.
Weiterhin nachhaltige Projekte voranbringen
Die Klimakrise wird auf globaler und nationaler Ebene oft nicht mit der notwendigen Dringlichkeit behandelt. Doch ihre Auswirkungen sind dramatisch, und auch in der Kommunalpolitik dürfen wir dieses existenzielle Thema nicht verdrängen.
Kusterdingen hat in den vergangenen Jahren wichtige Weichen für eine nachhaltige Zukunft gestellt: Planungen für Windkraft, Photovoltaik, Fahrradstraßen und die kommunale Wärmeplanung sind u.E. Schritte in die richtige Richtung.
Leider können wir vorerst nicht auf Einnahmen aus der Windkraft hoffen, da hier militärische Belange Vorrang haben. Dennoch müssen wir weiter an nachhaltigen Lösungen arbeiten.
Hierbei sind insbesondere das Quartierskonzept, das Sanierungsmanagement und die Überlegungen zu Nahwärmesystemen essenziell. An dieser Stelle möchte ich der „Agendagruppe Klimaschutz Härten“, unseren Dank aussprechen, die mit kreativer, tatkräftiger und fachkundiger Unterstützung die Gemeinde in vielen Bereichen bei der Umsetzung unterstützt hat.
Ein wichtiges Instrument, das noch auf seine Umsetzung wartet, ist der Nachhaltigkeits Check. Dieses dialogorientierte Verfahren hilft, kommunale Vorhaben und ihre langfristigen Auswirkungen besser einzuschätzen. Wir fordern die Verwaltung auf, den N!-Check endlich einzuführen, um nachhaltige Entscheidungen zu unterstützen.
Es bleibt also noch viel zu tun. Der neue Gemeinderat ist aufgerufen, dranzubleiben – auch weil das Land Baden-Württemberg eine klare Richtung hin zu einer Mobilitätswende und mehr Klimaschutz vorgibt.
Es scheint so, als gäbe es keinen Weg an den Krisen vorbei – wir können nur gemeinsam durch sie hindurchgehen.
Wichtig ist uns, Bürgerschaftliches Engagement zu stärken und Kultur zu fördern
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich der unschätzbare Wert einer engagierten Bürgerschaft. Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Kusterdingen ist eine besondere Stärke unserer Gemeinde. Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich – im sozialen Bereich, im Umweltschutz oder in der Kultur. Dieses Engagement verdient Anerkennung und Unterstützung.
Wenn wir in einem Jahr das neue Pflegeheim in der Langen Gasse beziehen, werden wir nicht nur qualifiziertes Pflegepersonal benötigen, sondern auch weiterhin die Unterstützung unserer engagierten Bürgerinnen und Bürger. Nur so kann das Pflegeheim zu einem echten Zuhause werden – so wie es das Gemeindepflegehaus derzeit ist.
Sorgen ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe angesichts der grundlegenden zwischenmenschlichen Angewiesenheit aller Menschen. Die Angehörigen und Zugehörigen, die ihre Mitmenschen pflegen, leisten tagtäglich einen unschätzbaren gesellschaftlichen Beitrag der Sorgearbeit. Ihr oft jahrelanger Einsatz verdient nicht nur höchste Anerkennung, sondern auch konkrete Entlastung. Es ist eine Aufgabe der Gemeinde, sie durch die Gestaltung von Entlastungsstrukturen zu unterstützen.
Wir sind davon überzeugt, dass die Crossiety-App ein hilfreiches Werkzeug für unsere Gemeinde ist. Sie ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern – ob in Vereinen, Projekten oder anderen Initiativen –, sich besser zu vernetzen, zu kommunizieren, sich gegenseitig zu unterstüt-zen und gemeinsam aktiv zu werden. Die Plattform stärkt lokale Strukturen, fördert das soziale Miteinander und ermöglicht auch Eigenverantwortung. Sie erleichtert Engagement und macht es sichtbar.
Doch eine lebendige Gemeinde braucht mehr als funktionierende Strukturen – sie braucht Kultur. Kultur ist weit mehr als ein „schöner Zusatz“: Sie ist schöpferischer Ausdruck des Menschen, stiftet Identität und Sinn, schafft Begegnung, kann uns herausfordern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Ob Musik- und Theatergruppen, Kunstinitiativen oder Stadtteilfeste – sie alle tragen zur Lebensqualität in unserer Gemeinde bei.
In einer Zeit in der die Welt durch multiple Krisen erschüttert wird braucht es gezielte Maßnahmen zur Teilhabe der Menschen und um Vereinsamung oder Spaltungstendenzen entgegenzuwirken. Deshalb sollten wir alles daransetzen, bestehende kulturelle und soziale Angebote zu erhalten und weiterzuentwickeln – sei es durch die Unterstützung von Vereinen, die Bereitstellung von Räumen oder gezielte Fördermaßnahmen.
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass kulturelle und soziale Angebote nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Diese Investitionen zahlen sich aus, denn eine lebenswerte Gemeinde bemisst sich nicht nur an finanziellen Kennzahlen, sondern vor allem am gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Lebensqualität ihrer Menschen.
Unsere Anträge zur Förderung des Gemeindelebens
Um bürgerschaftliches Engagement und das Gemeindeleben zu stärken, beantragen wir:
- 15.000 € Förderung für das Deutsche Rote Kreuz zur Ausstattung und Umrüstung des Krankentransportwagens (KTW)
- 3.500 € für die Kulturförderung „Immenklang“
Zusammenhalt, Nachhaltigkeit und eine verantwortungsvolle Finanzpolitik sind die Grundpfeiler einer zukunftsfähigen Gemeinde. Lassen Sie uns diese gemeinsam gestalten.
Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit.
Gudrun Witte-Borst, Fraktion der Härtenliste im Gemeinderat Kusterdingen.