Wärmenetze in der Praxis – Impulse für Kusterdingen
Die Härtenliste informiert sich über erfolgreiche Projekte im Landkreis Tübingen
Am 13. Oktober 2025 fand im Landratsamt Tübingen eine Informationsveranstaltung zum Thema „Wärmenetze in der Praxis – Lösungen in der Region“ statt. Ziel war es, zu zeigen, wie Gemeinden im Landkreis und darüber hinaus bereits heute erfolgreiche Modelle einer klimafreundlichen Wärmeversorgung umsetzen. Für die Härtenliste nahmen Vera Ambros und Josef Göppert teil, um sich über konkrete Beispiele und Umsetzungsmöglichkeiten zu informieren.
Wärmenetze als Schlüssel zur Wärmewende
Nach der Begrüßung durch die Erste Landesbeamtin Dr. Daniela Hüttig machte Janosch Ludwig von der Agentur für Klimaschutz im Kreis Tübingen deutlich, dass Wärmenetze ein zentrales Element der Energiewende darstellen. Der Wärmebedarf im Landkreis sei mit rund 80 % des Gesamtenergieverbrauchs der dominierende Faktor. Besonders in kleineren Gemeinden gebe es noch großes Potenzial, effiziente Wärmenetze aufzubauen.
Zwar seien Wärmenetze nicht die einzige Lösung, aber ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die Förderbedingungen des Bundes seien derzeit so attraktiv wie selten zuvor – ein günstiger Zeitpunkt also, um Planungen auf kommunaler Ebene anzugehen.
Breitenholz: Bürgerenergie in eigener Hand
Ein interessantes Beispiel lieferte Günther Gamerdinger von Bürger-Energie Tübingen eG. Das Wärmenetz des Bioenergiedorfs Breitenholz wird von einer Bürgergenossenschaft getragen, die Planung, Finanzierung und Betrieb eigenständig organisiert.
Das Energiekonzept kombiniert 65 % Holzhackschnitzel und 35 % Solarwärme mit einem großen 1.000 m³-Pufferspeicher. Die Investitionssumme betrug rund acht Millionen Euro, wovon 3,5 Millionen über Fördermittel gedeckt wurden. 145 Gebäude sind bereits angeschlossen. Besonders bemerkenswert ist die enge Einbindung lokaler Handwerksbetriebe und die intensive Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Breitenholz zeigt, dass Bürgerbeteiligung, regionale Wertschöpfung und Klimaschutz erfolgreich miteinander verbunden werden können – ein Ansatz, der auch für Kusterdingen interessant sein könnte.
Dußlingen: Kommunales Wärmenetz als Gemeinschaftsprojekt
Auch die Gemeinde Dußlingen hat mit ihrem Projekt „Rewarm“ ein beeindruckendes Wärmenetz aufgebaut. Bürgermeister Thomas Hölsch schilderte den Weg von den ersten Ortsentwicklungskonzepten bis hin zum heutigen Betrieb eines kommunalen Eigenbetriebs.
Das Netz versorgt derzeit rund 60 Gebäude, vorwiegend öffentliche Einrichtungen, über eine 4,2 km lange Trasse. Weitere Ausbaustufen sind geplant – bis hin zu einem interkommunalen Wärmenetz gemeinsam mit Nehren und Gomaringen.
Die Gemeinde setzt dabei bewusst auf regionale Firmen und Kooperationen mit Landwirtschaft und Gewerbe. Auch hier gilt: kein Anschlusszwang, sondern Überzeugung durch faire Preise und verlässliche Leistungen. „Es geschieht nichts, wenn es nicht vor Ort geschieht“, so Hölsch.
Tübingen und Dettenhausen: Erfahrung und Weiterentwicklung
Wie sich bestehende Wärmenetze weiterentwickeln lassen, zeigte Alexander Ebinger von den Stadtwerken Tübingen.
In Dettenhausen wurde ein Gas-BHKW-Netz mit Solarthermie und Biomasse in enger Zusammenarbeit mit Gewerbebetrieben aufgebaut.
In der Stadt Tübingen selbst sollen mehrere kleinere Netze zu einem großen „Netzverbund Süd“ zusammengeführt werden – ein wichtiger Schritt, um über die Hälfte des städtischen Wärmebedarfs bis 2045 klimaneutral zu decken. Zentrale Zukunftstechnologien sind dort Großwärmepumpen an der Kläranlage und am Neckar, Solarthermieparks sowie ein Holzheizkraftwerk zur Abdeckung von Spitzenlasten.
Was Kusterdingen daraus lernen kann
Die vorgestellten Beispiele zeigen deutlich: Erfolgreiche Wärmenetze entstehen dort, wo Bürger, Kommune und Fachleute gemeinsam anpacken.
Für Kusterdingen bietet sich die Chance, aus diesen Projekten zu lernen – etwa durch eine kommunale Wärmeplanung, die Quartierslösungen und Bürgerbeteiligung kombiniert. Besonders interessant erscheint der Ansatz der Genossenschaftsmodelle wie in Breitenholz oder der kommunale Eigenbetrieb wie in Dußlingen.
Die vorgestellten Projekte zeigen, dass klimafreundliche Wärmenetze keine Zukunftsmusik sind, sondern in unserer Region schon heute erfolgreich umgesetzt werden. Für Kusterdingen können diese Erfahrungen eine wichtige Orientierung bieten.
Weitere Informationen
Blättern in den Präsentationsfolien aller Beiträge der Veranstaltung:
251013-Praesentation-Veranstaltung_Waermenetze-in-der-Praxis-am-13.10.2025-Ohne-Video-PDF